YPVS - einige Erklärungen

Alles rund um das Tuning der TDR

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webster
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YPVS - einige Erklärungen

Beitrag von webster »

Hi Zusammen,

nachdem ein Bekannter schon seit längerer Zeit Probleme mit seinem PowerValve - System hat
(und mich eigentlich dadurch zu meiner 4GX gebracht hat) möchte ich Euch hier ein paar Informationen
zur Verfügung stellen.

*) Was ist YPVS?

Das
Yamaha
Power
Valve
System
wird auf sehr vielen Seiten hier im Internet wunderbar erklärt,
ich möchte das hier nicht zum 100ten Mal durchkauen.
Die Ultrakurzfassung lautet:
Die Auslassoberkante im Zylinder ist durch eine drehbare Walze in der Höhe verstellbar,
dadurch ergibt sich bei abwärtslaufendem Kolben ein variabler "Auslass Öffnet" -
bei hochlaufendem Kolben ein variabler "Auslass schließt".

*) Was bringt das?

Generell kann gesagt werden dass eine tiefe Auslassoberkante optimal für gutes Drehmoment bei
niedrigen Drehzahlen ist, eine hohe Auslassoberkante sorgt für gutes Drehmoment bei hohen Drehzahlen.
Eine Zwickmühle, die vor der Einführung von variablen Auslass-Steuerungen bei 2Taktern zu
Kompromissabstimmungen führen musste - fast immer war "unten nix, oben giftig!" das Resultat.
Mit YPVS sind unsere 2Takt - Gurkerl auch untenrum brav fahrbar und geben bei hohen Drehzahlen
immer noch genug Druck ab - eine sehr gute Lösung wie ich finde!

*) Wie geht das?

Die sich im Zylinder befindliche "Walze" wird von einem Stellmotor (bzw. Aktuator) gedreht,
dieser Aktuator sitzt vor / unter dem Luftfilterkasten unter dem Tank und überträgt seine
Drehbewegung mittels 2 Seilzügen auf die Walze.

*) Der Aktuator (bei der 4GX!):

Man kann den Aktuator sehr einfach zerlegen, darin befindet sich:
=> ein12V Gleichstrommotor (der Antrieb)
=> ein Potentiometer (zur Lagerückmeldung)
=> das Getriebe
=> die Lageregelungsplatine
Die Walzenposition wird bei unseren Systemen NUR über die Motordrehzahl verändert, im unteren
Leerlauf (etwa 1500rpm) muss die Walze geschlossen sein, die Auslassoberkante steht also tief.
Bei etwa 6000rpm beginnt sich die Walze langsam zu öffnen, und bei etwa 8000rpm muss sie dann komplett geöffnet sein.

Der Aktuator macht die Lageregelung bei der 4GX selbst, die Sollwerte für die Walzenposition (die Kennlinie) sind nur im Aktuator
hinterlegt. Die Eingänge zum Aktuator sind die Spannungsversorgung (+12V und Masse) UND ein Drehzahlsignal von der CDI.
Der zur 4GX passende Aktuator hat also 3 Anschlüsse.

Dieses Drehzahlsignal scheint bei den mit CDIs ausgerüsteten Yamahas immer ähnlich zu sein, das Signal bei meiner RD350er 1WT schaut gleich aus.
Weil ich ja gern mal was ausprobiere hab ich einen elektronischen DZM von der 1WT mal testweise an die 4GX geklemmt, und das Ding geht.
Einziges Manko: die TDR hat auf dem Polrad einen Puls pro Umdrehung, die RD 2 Pulse (weil 2 Zylinder).
Dadurch zeigt der 1WT DZM nur die halbe Motordrehzahl bei der 4GX an, aber zum generellen Funktions-Check ist das auch ok :D

Hinweis: das Drehzahlsignal hat ordentlich Dampf drauf, ich bin da mit dem Tastkopf drangegangen.
Mit den Fingern greif ich da nicht hin, das macht mehr als munter...!!

Bei späteren TDR Modellen wurde die Lageregelung des Aktuators in die CDI integriert, da sieht dann das Aktuatorinnenleben einfacher aus
(die fette Platine fehlt), und diese Aktuatoren haben auch mehr als nur 3 elektrische Anschlüsse.
Ich hab so ein Teil für eine TDR nicht hier, aber der YPVS Aktuator in meiner RD ist an dieser Stelle sehr ähnlich.

So, jetzt noch ein haufen Bilder, die das Geschriebene leichter verständlich machen werden.

Grüße, Harry
Aktuatorposition, vor/ unter dem LuFi unter dem Tank
Aktuatorposition, vor/ unter dem LuFi unter dem Tank
Stellmotor Position.jpg (96.85 KiB) 3220 mal betrachtet
die Lageregelungsplatine im Aktuator
die Lageregelungsplatine im Aktuator
Platine im Aktuator.jpg (148.6 KiB) 3220 mal betrachtet
Der Aktuator, Bild 1
Der Aktuator, Bild 1
Aktuator_1.jpg (128.28 KiB) 3220 mal betrachtet
Der Aktuator, Bild 2
Der Aktuator, Bild 2
Aktuator_2.jpg (130.74 KiB) 3220 mal betrachtet
Der Aktuator, Bild 3
Der Aktuator, Bild 3
Aktuator_3.jpg (147.35 KiB) 3220 mal betrachtet
die CDI, schickt die Drehzahlinfo an den Aktuator
die CDI, schickt die Drehzahlinfo an den Aktuator
4GX CDI.jpg (99.09 KiB) 3220 mal betrachtet
PowerValve Position am Zylinder + Seilzüge
PowerValve Position am Zylinder + Seilzüge
IMG_3806.JPG (85.74 KiB) 3220 mal betrachtet
Drehzahlsignal im unteren Leerlauf
Drehzahlsignal im unteren Leerlauf
IMG_4589.JPG (90.85 KiB) 3220 mal betrachtet
Drehzahlsignal bei höherer Drehzahl
Drehzahlsignal bei höherer Drehzahl
IMG_4591.JPG (88.4 KiB) 3220 mal betrachtet
DZM Vergleich :-)
DZM Vergleich :-)
IMG_4590.JPG (104.27 KiB) 3220 mal betrachtet
webster
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Re: YPVS - einige Erklärungen

Beitrag von webster »

Ein paar Bildchen gibts noch:
.. wo hab ich gemessen ..
.. wo hab ich gemessen ..
IMG_4592.JPG (121.4 KiB) 3219 mal betrachtet
.. womit hab ich gemessen ..
.. womit hab ich gemessen ..
IMG_4593.JPG (156.15 KiB) 3219 mal betrachtet
Der erwähnte RD350 1WT Stellmotor / Aktuator sieht so aus-
ist 5polig, weil 3x Poti und 2x Motor:
1WT YPVS Stecker.jpg
1WT YPVS Stecker.jpg (72.79 KiB) 3219 mal betrachtet
1WT YPVS Aktuator_1.jpg
1WT YPVS Aktuator_1.jpg (134.11 KiB) 3219 mal betrachtet
1WT YPVS Aktuator_2.jpg
1WT YPVS Aktuator_2.jpg (122.98 KiB) 3219 mal betrachtet
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Re: YPVS - einige Erklärungen

Beitrag von webster »

Ein Nachtrag zum Thema Selbstcheck bzw. Putzfunktion
beim Zündung Einschalten:

Beispiel 4GX, Motor läuft im unteren Leerlauf,
Walze ist ZU.
Motorstop durch Zündung AUS.

Walze bleibt ZU.
Beim Wiedereinschalten der Zündung erfolgt der YPVS Selbstcheck bzw. die Putzfunktion,
das bedeutet der Stellmotor macht hier jetzt exakt 3Fahrten:

Fahrt 1.) ZU - OFFEN
Fahrt 2.) OFFEN - ZU
Fahrt 3.) ZU- OFFEN

Die Stellerposition ist also dann bei eingeschalteter Zündung und Motor aus OFFEN, das ist auch die eigentliche
Leistungsposition. Zum Einstellen der Seilzüge kann man dann als ersten Anhaltspunkt die Gabel auf der Seilzugscheibe
mit der vorhandenen Bohrung im Zylinder in Deckung bringen.
Ich schaue immer durch den abgebauten Auspuff durch den Auslass in Richtung Kolben und stelle dann die Seilzüge so
ein dass die Walze den größtmöglichen Teil des Auslasses freigibt.

Schaltet man jetzt die Zündung wieder aus (ohne das der Motor gelaufen ist) und wieder ein,
macht der Stellmotor nur 2Fahrten, und zwar:

Fahrt 1.) OFFEN - ZU
Fahrt 2.) ZU- OFFEN

Die Stellerposition ist jetzt wieder OFFEN.

Wenn ihr dem System nach Zündung EIN genügend Zeit gebt und die Walze, die Seilzüge und der Aktuator leichtgängig
sind, ist die Walzenposition vor dem Motorstart also IMMER OFFEN.
Beim Motorstart geht die Walze ZU und MUSS im unteren Leerlauf IMMER ZU sein.

Erst bei höheren Drehzahlen über etwa 6000rpm geht die Walze dann als Funktion der Drehzahl mit weiter
steigender Drehzahl langsam auf OFFEN.

Das alles gilt natürlich nur für Serienteile, bei verbauten CDI Zündungen von Ignitech oder Zeeltronic
ist die Walzensteuerung integriert und voll flexibel programmierbar- da kann man dann machen was gefällt :D

Grüße, Harry
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schubsi
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Re: YPVS - einige Erklärungen

Beitrag von schubsi »

Hallo Harry...

Es war wieder ein Vergnügen, in Deinen geputzen "Motorraum" hineinzuschauen :wink: aber auch textlich hast Du eine gute Vorstellung daher gezaubert!
bei verbauten CDI Zündungen von Ignitech oder Zeeltronic
ist die Walzensteuerung integriert und voll flexibel programmierbar- da kann man dann machen was gefällt
Nur um zu verhindern, dass jemand zu viel Lust drauf bekommt und viel Geld dafür ausgibt:
Ja, man könnte selbst bestimmen, wann die Walze aufmacht und wieder schließt (neben der freien Festlegung der Zündkurve), ja könnte man. Man bräuchte aber auch einen eigenen Leistungsprüfstand (tageweise anmieten wäre mMn insgesamt zu teuer), um die vorgenommenen Veränderungen dann gleich im Praxistest zu überprüfen, um dann im Endeffekt festzustellen, dass die erreichten Optimierungen im Bereich der Messtoleranzen liegen :roll:

Ich habe bei meiner 5AN eine Ignitech in Betrieb und nutze - weil ich das nicht akademisch studiert habe - die Basiswerte der OEM-CDI, gebracht hats mir also gar nix, wenn man von Ausgaben, schlaflosen Nächten und der Erkenntnis absieht, dass in der OEM-CDI keine weitere Drosselungsmaßnahme "eingebaut" ist, sondern die Daten eben so festgelegt wurden, damit der Motor wenigstens einigermaßen haltbar ist...

LG

-==[Schubsi]==-
-==[Schubsi]==-


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